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Hätten Sie mich vor etwa einem Jahr nach meiner „sozialen Einstellung“ gefragt, ich hätte Ihnen aus der Perspektive eines Menschen geantwortet, in dessen gut dreißigjährigem Leben alles oder jedenfalls das Meiste „glatt lief“.

„Glatt“ vor allem im Sinne einer beruflichen Bilderbuchkarriere: Ich hatte zwei abgeschlossene Studiengänge und einen gut bezahlten Job bei einer großen Bank. Kurz, ich war ein - wie sagt man so schön - „karrierebewusster“, heute würde ich sagen „karrieregeiler“ Mensch. Vor diesem Hintergrund wollte ich stets mehr, wollte noch mehr Geld, wollte im Job noch mehr gelten, mehr Einfluss, mehr Macht.

Dabei war ich nicht „unsozial“. Ganz im Gegenteil. Neben dem Job engagierte ich mich ehrenamtlich in der Kommunalpolitik. Dennoch, mein beruflicher Ehrgeiz stand – so manches Mal zum Leidwesen meines Lebenspartners – klar im Mittelpunkt meines Denkens und Handelns. Über mein Ehrenamt hinaus war „Soziales“ für mich vor allem etwas Passives, über das ich mich trotz vorhandenen Problembewusstseins jeden Monat bei Abzug der Sozialversicherungsbeiträge ärgerte. Unvorstellbar war es für mich, eines Tages selbst die Hilfe des Sozialstaates in Anspruch nehmen zu müssen.

Als sich nach einem Jobwechsel ein vermeintlicher Traumjob als wahre Hölle entpuppte, geriet ich nicht nur beruflich, sondern auch psychisch ins Schleudern. Ich taumelte in eine Depression, litt an Angstattacken, musste schließlich meinen Job aufgeben.

In vielerlei Hinsicht öffnet mir der Zusammenbruch meiner „Bilderbuchkarriere“ die Augen. Es gibt so viel Wichtigeres als Karriere, Macht und Geld, unter anderem die eigene Gesundheit und das soziale Umfeld, sprich die Familie und Freunde. Ich danke Gott, dass ich ein sicheres soziales Umfeld hatte und habe, das mich in dieser schweren Zeit auffing und hält.

Am wichtigsten aber ist für mich, dass ich gerade an diesem Tiefpunkt in meinem Leben zurück zum Glauben fand. Ein Tischgebet meines Bruders anlässlich des 60. Geburtstags meiner Mutter rief mir Psalm 23 in Erinnerung:

„Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück. Denn Du bist bei mir. Dein Stecken und Stab trösten mich.“

Diese wenigen und doch so elementaren Worte ergriffen mich in diesem Moment und spendeten mir Hoffnung. Sie bewegten mich schließlich dazu, wieder in die evangelische Kirche einzutreten.

Motiviert und geleitet durch meinen wieder gewonnen Glauben, beginne ich damit, mein Leben komplett umzukrempeln. Im Blick auf die Arbeit fühle ich mich befreit vom Karriere- und Gelddenken. Meine Arbeitssuche verband ich mit einer Suche nach neuem Sinn. Denn dieser war mir in den letzten Jahren verloren gegangen.

So wurde mir bewusst, dass ich künftig selbst in einem sozialen, helfenden Bereich tätig sein will, machte mich geleitet von diesem Gedanken auf Stellensuche und wurde fündig. Heute arbeite ich als Sozialarbeiter und freue mich über meinen neu eingeschlagenen beruflichen Weg.

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