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Während meines Zivildienstes bei Hilf e.V. schickte mich Pfarrer Ludwig Wild einmal für einen erkrankten Kollegen zur Betreuung und Pflege eines Mannes, der vor einigen Jahren einen schweren Schlaganfall erlitten hatte. Bis zu diesem Zeitpunkt war ich einem Menschen mit dieser Krankheitsgeschichte noch nie begegnet. Ich kannte die Krankheit nicht und wusste nicht genau, was mich erwartet. In meiner Vorstellung würde ich auf jemanden treffen, der nichts mehr alleine machen kann und darunter sehr leidet. Kann ich das leisten, was er an Zuwendung und ganz konkreter pflegerischer Hilfe braucht?

Ich war überrascht: Trotz der starken körperlichen und auch sprachlichen Einschränkungen, mit denen dieser Mann leben musste, hatte er seinen Humor behalten. Nicht Zynismus, sondern Ironie schwang in seinen Worten mit. Er strahlte Lebensfreude aus, selbst wenn es ihm manchmal schlecht ging. Sein Schicksal konnte er mit Hilfe seiner Familie annehmen. Sehr vieles gelang ihm allein. Auf zum Teil abenteuerliche Weise, aber trotzdem ordentlich.

An einem Abend, kurz bevor ich gehen wollte, hielt er mich fest und sagte: Lass dich nicht von den Verlockungen einer erfolgreichen Karriere verführen. Arbeite, aber vergiss dein Leben nicht. Vergiss die Menschen um dich herum und dich selbst nicht. Alles kann sich ganz schnell ändern. Auch beruflicher Erfolg kann unwichtig werden. Aber dich und die Menschen, die dich lieben, brauchst du immer.

Schief im Bett sitzend, mit seiner schwer verständlichen Sprache, flüsterte er mir diese Sätze zu. Die Anstrengung, diese Worte klar zu artikulieren, war deutlich spürbar. Ich habe sie nicht vergessen.

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