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Gleichstand. Es steht eins zu eins. Das Finale geht in die Verlängerung. Aufgeregt rutsche ich auf dem Sofa hin und her. Die Zeit verrinnt und kein weiteres Tor in Sicht. Elfmeterschießen. Beide Teams sind gleich auf. Gespannt blicke ich auf den Bildschirm. Jetzt wird´s eng. Der nächste Elfmeter ist entscheidend. Meine Mannschaft darf nicht verschießen. Der Torwart macht sich bereit. Der Elfmeterschütze nimmt Anlauf. Hoffentlich wählt er die richtige Ecke. Anspannung liegt in der Luft. Meine Freunde auf der Couch können nicht mehr ruhig sitzen bleiben. Ich kann kaum hinschauen. „Nun schieß doch endlich!“ Der Schuss. Zu hoch! Kein Tor. Der Pfiff ! Das Spiel ist aus.

Geknickt sacke ich zusammen. Getrübte Stille breitet sich ihn Raum aus. Die Spieler des gegnerischen Teams laufen aufs Feld. Freude und Tränen.
Ein nervenaufreibendes Spiel! Verloren. So sehr habe ich mitgefiebert und gehofft, dass meine Mannschaft gewinnt. Ich leide mit. So knapp vor dem Ziel gescheitert.

Das Mitfiebern beim Fußballspiel ist da die seichte Variante des Mitleidens.

Tiefes Mitleid empfinde ich bei großen Katastrophen. Wenn Menschen ihr Zuhause verloren haben, wenn sie verzweifelt nach ihren Angehörigen suchen, wenn die Zukunft mit einen Mal in Trümmern liegt.
Das schmerzt.

Mitleid ist dort, wo wir Anteil am Leid anderer nehmen. Ohne zu bemitleiden. Ohne überheblich auf andere herab zuschauen. Nach dem Motto: Oh, der Arme! Zum Glück geht es mir besser.

Wer Mitleid empfindet, stellt sich an die Seite des Leidenden. Wenn ich Mitleid habe, geht mich das Leid des anderen an. Dann ist sein oder ihr Leid auch mein Leid. Mitgefühl mit Leidenden, empathisch Anteil am Leid anderer nehmen - das ist Mitleid.

Manchmal wünsche auch ich mir, dass andere mein Leid nachvollziehen können, meine Situation verstehen und mitfühlen. Oft fühle ich mich in solchen Situationen aber eher bemitleidet. Da tröstet mich eine Erzählung aus dem Johannes-Evangelium: Jesus weinte am Grab von Lazarus. Er weinte mit den Trauernden.

Jesus ist nicht nur der, der den Sieg über den Tod errungen hat. Nein, er ist auch der, der Mensch war. Der, der dein und mein Leid mitfühlen kann. Er thront nicht nur zur Rechten Gottes. Er hat sich auch auf den Weg zu uns, in unsere Welt gemacht. Er wurde ausgelacht, verspottet und zuletzt gekreuzigt. Jesus kennt das Leid dieser Welt und kann daher auch uns in unserem Leiden nah sein.
Wie kann das gehen?
In seinem Tod am Kreuz spiegelt sich alles Leid der Welt wieder. Grausam, entblößt und wehrlos hing Jesus am Kreuz. Alleine und verlassen. Er hat unsere menschliche Hilflosigkeit, unser Leid empfunden, weil er den Tod als Folge allen Leidens ertragen hat. Und noch viel mehr: er hat das Leid überwunden. Als Sieger stellt er sich auf Seiten der Verlierer, der Ausgestoßenen, der Leidenden. Jesus will für uns da sein. Er stellt sich auf unsere Seite, wenn wir ihn darum bitten. „Rufe mich an in der Not, so will ich dich erretten und du sollst mich preisen!“ (Psalm 50,15). Jesus leidet, damit wir Trost finden. Er teilt unser Leid. Und darin liegt Trost: Wir leiden nicht alleine! Mitleid erzeugt Gemeinschaft und zeigt, dass wir auch bei Niederlagen nicht alleine sind.

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