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In einem großen Stadion: Die Ränge sind gefüllt, die Stimmung bestens. Drunten, auf dem Rund des Rasens, eine riesige Bühne. Ein Popstar tritt auf zu seinem großen Konzert. Jetzt ist es soweit. Alle jubeln ihm aus vollen Kehlen zu. Eine Welle der Bewunderung schlägt ihm entgegen. Als die ersten Töne erklingen, geht ein Raunen durch das Rund. Gebannt schauen die Besucher auf jede Bewegung ihres Idols. Nicht wenige tragen seinen Namen auf ihrem T-Shirt oder eine ähnliche Sonnenbrille wie er auf der Nase. Einige sind heute Abend bereits zum zweiten Mal da. Schon gestern waren sie beim ersten Konzert. Und morgen reisen sie ihm nach in die Stadt, in der er sein nächstes Konzert gibt. Die Sehnsucht nach Idolen ist groß. Dabei muss der Gegenstand schwärmerischer Verehrung ja nicht immer ein Popstar sein. Vorbilder sind gefragt. Gestern Mutter Teresa oder Lady Di, heute der Papst: Menschen sehnen sich nach Vorbildern, die sie bewundern können. Bewundern, weil sie ihrem Leben Sinn, Bedeutung und Richtung geben.

Ein Vorbild, ein Idol seiner Zeit, freilich noch ohne die ungeheure Reichweite globaler Telekommunikation, war damals in Galiläa auch jener Jesus aus Nazareth. „Eine große Menge ging mit ihm.“ lesen wir immer wieder in den Evangelien. Menschen waren so angetan von ihm, dass sie ihm nachreisten. Sie waren fasziniert von dem, was er tat. Sie bewunderten seine Wunder und erzählten sich immer wieder die Geschichten, die sie von ihm hörten. Ein Idol seiner Zeit war da unterwegs. Die Einladung, die er formulierte, war attraktiv. Seine Persönlichkeit strahlte aus. In der Gemeinschaft um ihn herum konnte man sich wohl fühlen. Hier dabei zu sein, das war etwas, da war man „in“! Wie schön, ihn vorangehen zu sehen und ihm mit all den anderen Anhängern nachzufolgen!

„Als Jesus wieder unterwegs war, zog eine große Menge Menschen hinter ihm her. Er wandte sich nach ihnen um und sagte: ‚Wer nicht sein Kreuz trägt und mir auf meinem Weg folgt, kann nicht mein Jünger sein!’“ (Lukas 14,25.27) Was geschieht hier? Ich, der ich eben noch fasziniert in der Menge hinter ihm herlief, werde jetzt unvertretbar und existentiell angesprochen. Ich kann mich nicht mehr in der Fanmenge verstecken, sein Blick trifft mich. „Hast Du Dir überlegt, was es bedeutet, mir nachzufolgen? Hast Du Dir die Konsequenzen klar gemacht? Alles ändert sich: Dein Verhältnis zu Deiner Familie, Dein Verhältnis zu Deinem eigenen Leben, und Dein Verhältnis zu Deinem Besitz: Nichts ist da mehr wie vorher. Meinst Du es ernst mit der Nachfolge?“ Für viele, auch für mich, ist der Theologe Dietrich Bonhoeffer ein Vorbild des Glaubens. Bonhoeffer wurde in seiner Zeit aus der Zuschauerhaltung herausgerissen und bis aufs äußerste in die Zeitläufte verstrickt. In der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus buchstabierte er mit seinem Leben den Weg der Nachfolge – bis zu seinem Tod im KZ Flossenbürg im April 1945. In seinem gleichnamigen Buch „Nachfolge“ kommentiert Bonhoeffer die obige Stelle aus dem Lukasevangelium: „Der Ruf Jesu in die Nachfolge macht den Jünger zum Einzelnen. Ob er will oder nicht, er muß sich entscheiden, er muß sich allein entscheiden. Es ist nicht eigene Wahl, Einzelner sein zu wollen, sondern Christus macht den Gerufenen zum Einzelnen. Jeder ist allein gerufen. Er muß allein folgen.“

Jede und jeder von uns orientiert sich an Vorbildern. Ja, auch ich habe meine Idole, für die ich schwärme und denen ich Bewunderung entgegenbringe. Allerdings hoffe ich, um die Gefahr zu wissen, die in jeder Idol-Bildung steckt. Der griechische Ursprung des Wortes weist darauf hin: Ein Idol ist ein Wunschbild und damit immer auch ein Götzenbild. Die Verbindung mit dem Idol gibt meinem Leben Bedeutung – und bindet mich umso fester an mein Idol um diese Bedeutung zu stabilisieren oder gar zu steigern. Für Dietrich Bonhoeffer war klar, – und sein Lebensweg unterstreicht seine Einsicht: „Wir müssen bereit werden, uns von Gott unterbrechen zu lassen.“ Zum Christsein gehört die Bereitschaft zu solchen Unterbrechungen und also auch zur Distanz zu unseren Idolen dazu. Der Ruf in die Nachfolge ruft heraus aus der passiven Gefolgschaft gegenüber unseren Idolen. Jesus kehrt sich um zu uns, ruft uns heraus aus der Zuschauerhaltung und engagiert uns selbst als seine Hauptdarsteller: Wir selbst sind gefragt als Gottes Idole!

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