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6:1! „TOOOOOR!“ dröhnt es aus den Stadionlautsprechern und vielen Tausend Kehlen. Das Unglaubliche ist geschafft: Mit fünf Toren Vorsprung musste der Club gewinnen, um den Klassenerhalt zu schaffen. Ein Wunder! Endgültig liegen sich der arbeitslose Mark und der Professor Gregor in den Armen, schon seit dem 5:1 per Du miteinander. Solche Verbrüderungen sieht man immer wieder, hier in der Ostkurve, Stehplatzbereich – natürlich. „So ein Tag, so wunderschön wie heute…!“

Ob auf dem grünen Rasen im großen Rund der Bundesliga-Stadien oder rund um den „Acker“ auf dem Dorf, ein Fußballplatz ist ein besonderer Ort. Menschen, die sich im Alltag nicht begegnen, finden zusammen. Es wird lautstark gesungen, geweint oder gejubelt. Heilige werden gekürt, mit Devotionalien wird ein gutes Geschäft gemacht. Kleine und große Götter werden verehrt. Wie beim kirchlichen Abendmahl kreisen die Stiefel Bier in der Menge. Tabus werden gebrochen, im Schlechten, wenn mal wieder ausländerfeindliche Sprüche geklopft werden (vgl. e-fussballspielen). Und im Guten, wenn Gregor und Mark sich in den Armen liegen. Jeden Spieltag aufs Neue, und doch so oft auf die immer gleiche Weise. Das ist wichtig, um den Alltag hinter sich lassen zu können. Für viele ist die Zeit im Stadion eine heilige Zeit, in der alles geht.

Auch für viele Christen ist Fußball die schönste Nebensache der Welt. Für manche, Fans oder Wissenschaftler, ist Fußball selbst Religion. Darüber lässt sich streiten. Aus kirchlicher Perspektive fehlt im Fußball das Entscheidende: Der eine Gott, der Sieg und Niederlage auffängt, Sieger und Verlierer in seinen Händen hält. Und die meisten Fans kennen diesen Unterschied auch ganz gut. Ich finde es wichtig, diesen Vergleich dennoch nicht zu schnell abzutun. Sondern zurückzufragen, was genau dann gemeint sein soll, wenn „Religion“ gesagt wird. Und ich finde, es lohnt sich zu fragen, wo diese Erfahrungen des Fußballplatzes, die für viele mit Religion in Verbindung gebracht werden, diese Erfahrungen von starken Emotionen, großen Hoffnungen und auch großen Enttäuschungen, von Gemeinschaft ohne Grenzen, von einer Erfahrung des „Heiligen“ in der Evangelischen Kirche ihren Platz haben? Nicht nur, wo sie sein sollten, weil unsere Pastoren das sagen, sondern wirklich erfahren werden – in unseren Gottesdiensten, unseren Gemeindeveranstaltungen, unseren Bildungsveranstaltungen…? Oder was denken Sie?

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